Redebeitrag Thomas Keuer, Gewerkschaftssekretär, ver.di-Bezirk Duisburg Niederrhein im Rahmen der Kundgebung vor der Militäreinrichtung in Kalkar am 03.10.2018 in Kalkar – es gilt das gesprochene Wort –
Abrüsten statt Aufrüsten! Wir setzen Zeichen für den Frieden!
Heute am 3. Oktober feiert Deutschland die Vereinigung seiner Teilstaaten auf der Grundlage eines Friedens-vertrages zur Einheit Deutschlands, des 2+4-Vertrages. Dieser Vertrag wird durch die Militäreinrichtungen von Bundeswehr und NATO in Kalkar ständig gebrochen. Eine im Vertrag vereinbarte europäische Friedensordnung ist nicht in Sicht. Die NATO-Staaten rüsten weiter auf und planen, zukünftig zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Rüstung und Militär auszugeben. Für Deutschland bedeutet das eine knappe Verdoppelung des Militäretats von aktuell 38,5 Mrd. Euro jährlich auf bis zu 70 Mrd. in 2024. Bereits heute gibt die NATO mehr als die Hälfte der Weltrüstungsausgaben von 1.740 Mrd. $ aus, mehr als 14-mal so viel wie Russland. Statt Friedenspolitik und Abrüstung zu betreiben, ist die Bundeswehr aktuell an Kriegen in Syrien, Mali, Irak, am Golf und in Afghanistan und in sieben weiteren ‚Auslandseinsätzen‘ aktiv. Die Zivilbevölkerung dort muss mit hunderttausenden Toten den Blutzoll für diese Kriegspolitik zahlen.
Mit dem Appell „abrüsten statt aufrüsten“ haben sich vier Gewerkschaftsvorsitzende, darunter der ver.di Vorsitzende Frank Bsirske, ein Nobelpreisträger, führende Vertreterinnen und Vertreter der Friedens- und Umweltbewegung, bekannte Künstlerinnen und Künstler, kritische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sowie Engagierte aus den Bewegungen für Nachhaltigkeit und eine gerechte Welt an die Öffentlichkeit gewandt.
Sie fordern von der Bundesregierung: „Keine Erhöhung der Rüstungsausgaben – Abrüsten ist das Gebot der Stunde.“
Denn Gewerkschafter*innen wissen nur zu gut: die Arbeitnehmer, die Rentner und die Arbeitslosen, werden anschließend zur Kasse gebeten, während die Vermögenden entlastet werden.
Mit der neuen alten Bundesregierung sind wir von einer Vermögenssteuer weiter entfernt als je zuvor.
Diese Regierung konnte gar nicht schnell genug der Verlängerung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr zustimmen und plant nun, die Rüstungsausgaben nahezu zu verdoppeln.
So wurde es in der NATO vereinbart.
Das sind mindestens weitere 30 Milliarden Euro, die im zivilen Bereich fehlen, bei Schulen und Kitas, im sozialen Wohnungsbau, in Krankenhäusern und im öffentlichen Nahverkehr, bei der kommunalen Infrastruktur, der Alterssicherung, für den ökologischen Umbau, die Klimagerechtigkeit und der internationalen Hilfe zur Selbsthilfe.
Auch sicherheitspolitisch bringt es nichts, zusätzlich Unsummen für die militärische Aufrüstung auszugeben.
Stattdessen brauchen wir mehr Mittel für Konfliktprävention als Hauptziel der Außen- und Entwicklungspolitik.
Militär löst keine Probleme.
Schluss damit.
Wir müssen aufstehen – eine andere Politik muss her.
Es ist ermutigend, wenn insbesondere Schüler*innen in den Vereinigten Staaten gegen die Waffenlobby aufstehen.
Eine Waffenlobby, die Profite über alles stellt und deren einziges Geschäftsmodell der Tot ist.
Wir stehen auch hier, weil wir uns für eine Atomwaffenfreie Welt einsetzen.
Denn immer noch werden auch auf deutschem Boden Atomsprengköpfe gelagert. Diese Waffen lagern auf dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz. Sie werden von der US-Armee überwacht und können nur auf Befehl des amerikanischen Präsidenten eingesetzt werden.
Das ist beängstigend.
In Syrien wird mit in Deutschland hergestellten Waffen ein blutiger Krieg geführt.
Die türkische Armee und die mit ihnen verbündete „Freie Syrische Armee“ haben Afrin erobert.
Immer noch befinden sich zehntausende Menschen auf der Flucht. Ihre Häuser sind zerstört oder werden geplündert. Wir fragen uns:
Wieso darf die Türkei entgegen dem Völkerrecht mit Panzern und Raketen in ein Nachbarland einbrechen?
Die Plünderer von Afrin nennen sich „Freie Syrische Armee“ und stehen jetzt im Bündnis mit der Türkei.
Eine Türkei, die die Opposition im eigenen Land gewaltsam unterdrückt.
Eine Türkei, die die Demokratie vernichtet und einen Versöhnungsprozess mit Kurdinnen und Kurden unmöglich macht.
Es herrschen Feindschaft und rohe Gewalt.
Deutschland ist mit der Türkei im gleichen Militärbündnis, der Nato.
Die Gefahr ist sehr hoch, dass es auf syrischem Gebiet zu einer direkten militärischen Konfrontation zwischen den Großmächten wie der Türkei, den USA und Russland kommen kann.
Die Welt steht am Rande einer großen Katastrophe. Gebraucht wird jetzt eine bedächtige diplomatische Politik.
Doch wir mussten erleben, wie die angebliche Verantwortung für den Giftgasanschlag in Salisbury die Welt in Atem hält.
Ohne Beweis werden feindselige Stimmungen bis zur Erwägung von Militäreinsätzen losgetreten.
Wem, außer den Russen, sei so etwas zuzutrauen? heißt es.
Dabei machte der russische Präsident in seiner ersten Pressekonferenz nach seiner Wahl deutlich, dass Russland in diesem und dem kommenden Jahr die Rüstungsausgaben senken wird.
Seit 2016 hatte Russland etwas, 2017 dann noch einmal um 14 Prozent weniger für seine Armee ausgegeben.
Das wäre doch beispielgebend für die Senkung der eigenen Militärausgaben und ein politisches Zeichen in Richtung USA und Nato. Von diesen Staaten wird es noch nicht aufgegriffen.
Der Appell „Abrüsten statt Aufrüsten“ sammelt Unterschriften für Entmilitarisierung, internationale Entspannung und gemeinsame Sicherheit auch mit Russland.
Eine neue solidarische Debattenkultur muss her. In der Erklärung des Arbeitsausschusses „abrüsten statt aufrüsten“ heißt es dazu:
„Es bleibt: Die Öffentlichkeit muss weiterhin und verstärkt informiert und aufgeklärt werden, was die sozialen, ökologischen und bildungspolitischen Konsequenzen einer Erhöhung der Ausgaben für die Rüstung um ca. 30 Milliarden € bedeuten.
Die Herausforderung ist das öffentliche Meinungsklima für Frieden und Abrüstung zu beeinflussen.
Auch in dieser Legislaturperiode bleibt es eine wichtige Aufgabe, auf die friedenspolitische Willensbildung hinzuwirken und zu mobilisieren und darüber auch Einfluss auf Parteien und die Bundesregierung zu nehmen.
Deswegen werden wir die Unterschriftensammlung unter dem Aufruf “Abrüsten statt Aufrüsten“ fortsetzen und intensivieren. Bisher haben den Aufruf mehr als 100.000 Menschen unterschrieben.
ir wenden uns an die Aktiven in den Gewerkschaften, den sozialen Bewegungen und der Friedensbewegung: Es ist zu befürchten, dass der Bundestag in zweiter und dritter Lesung des Bundestages einer Erhöhung des Rüstungsetats um sage und schreibe 11,4% zustimmen wird. Dagegen müssen wir aufstehen. Wir müssen den Protest auf die Straßen und Plätze tragen.
Deshalb ruft die Initiative „abrüsten statt aufrüsten“ zu bundesweiten Aktionen besonders zu dezentralen Aktionen für den 1.-4.11.2018 auf. Wer die Zukunft gewinnen will, muss in die Zukunft und nicht in den Krieg investieren. Abrüstung ist das Gebot der Stunde.
(Folgende Fotos: Else Heiermann)
(Folgende Fotos: Benno Ruczinski)