Zur Bestattung von Christian Uliczka am 8. März. Rede von Eberhard Przyrembel
Vor mehr als 20 Jahren habe ich Christian im Friedensforum Duisburg kennen gelernt. Vor allem ging es jedes Jahr um den Aufruf zum Ostermarsch. Christian sorgte gekonnt dafür, dass die Forderungen präzise und kurz formuliert wurden.
Christian beteiligte sich am gewaltfreien Widerstand der „Initiative Richter und Staatsanwälte für Frieden“. Nicht erst der Einsatz, schon die Stationierung von Atomwaffen in Deutschland ist rechtswidrig – das war der Kern ihrer Erklärungen. Christian war damit unter Kollegen der Justiz Außenseiter.
Als ich mir zurechtlegen wollte, was ich heute sagen könnte, kam mir letzte Woche die Sendung Zeitzeichen vom WDR zu Hilfe: Am 26. Februar wurde an den 50. Todestag von Karl Jaspers erinnert, der als heute fast vergessener Philosoph vieles nach dem 2.Weltkrieg gesagt hat, was heute noch gilt und hierher passt. Seine Formulierungen sind aktuell und entsprechen dem, wofür Christian sich eingesetzt hat.
„Der Friedenszustand ist kein Naturzustand, sondern muss gestiftet werden … Die Stiftung des Friedens aber ist nur möglich durch Stiftung eines rechtlichen Zustandes … Dieser kann nur vermöge der Vernunft hervorgebracht werden.“
Weil ich diese Zitate übernehmen konnte, brauchte ich nicht bei Jaspers selber nachzulesen, was er weiter zum Frieden sagte. Das Fundament des Staates ist das Recht; und nur dem Recht und seiner Durchsetzung soll gedient werden.
Jüngst hat ein österreichischer Minister sich vergalloppiert, indem er unbedacht und leger dahersagte: „Ich glaube immer noch, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht“. (kat.net.31.1.2019) Das gab natürlich einen Sturm der Entrüstung auf allen Seiten. Ähnlich konnte Christian sich aufregen, wenn eine Formulierung nach seinem Rechtsverständnis falsch war. Denn er kämpfte unbeirrbar für entsprechende Formulierungen.
Noch manches mehr erinnert mich an Christians Einstellung zur öffentlichen Meinung in Deutschland. Karl Jaspers entging mit seiner jüdischen Frau 1945 nur kurz der Deportation in ein Vernichtungslager. Aus Enttäuschung über die Entwicklung der deutschen Nachkriegsgeschichte – vielfach ein Versuch, die Nazigreuel kollektiv zu vergessen – ging Karl Kaspers 1958 an die Universität Basel: Er verstand Öffentlichkeit als eine Kampfzone, in der sich die Wahrheit behaupten muss. In der Unwahrheit sah Jaspers das eigentlich Böse, jeden Frieden Vernichtendes.
Das gilt ebenso für spätereÄußerungen gegen die nukleare Aufrüstung von Jaspers: „Wir haben eine Atempause in der Geschichte. Wenn diese nicht genutzt wird, um den Krieg überhaupt zu verhindern, scheint der Untergang der Menschheit unausweichlich … Jetzt kann die Menschheit durch den Atombombenkrieg sich selbst ohne Rest auslöschen. Allein durch Engagement im öffentlichen Raum kann die Welt menschlicher werden.“
(Aus der Zeitzeichen-Sendung entnommen.) Ähnlich verstand Christian seine Aktivität gegen den Krieg als Kampf für Frieden.